Zeitgemäße Reform der Grundsteuer   -   Boden ist Gemeingut

[es für B.A.U. e.V., 15.04.2019]

Die Finanzministerien der Länder untersuchen schon seit Jahren mehrere Grundsteuer-Reformoptionen von Modellvarianten, konnten sich aber politisch bisher auf keines der Modelle zur Besteuerung von Grund und Boden mitsamt der Aufbauten (Gebäude), d.h. der „verbundenen Bemessungsgrundlage“ einigen.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun im April 2018 die Grundsteuer B (auf Bauland und bebautes Land) in ihrer aktuellen Form als verfassungswidrig bzw. als nichtmehr vereinbar mit dem Grundgesetz erklärt.
In einigen Inhalten ist die Grundsteuer veraltet und die Berechnungen basieren auf unterschiedlichen Einheitswerten; im Osten auf Werten von 1935 und im Westen von 1964 – ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Die Grundsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle für die Kommunen (~14 Milliarden Euro), die ungefähr im Endergebnis in gleicher Höhe beibehalten werden soll.

Bis Ende 2019 müssen nun die Grundsteuer-Berechnungen einheitlich für alle Bundesländer reformiert werden und die neuen Besteuerungsrundlagen bis Ende 2024 für ca. 36 Millionen Grundstücke eingeführt sein.
Es ist unwahrscheinlich diese riesen Aufgabe mit jeweils komplizierten individuellen Berechnungen zu Grundstück und zu einzelnen Gebäuden termingerecht, rechtssicher und gerecht zu bewältigen, um diese Steuer-Einnahmen nicht zu gefährden.

Eine zeitgemäße Reform der Grundsteuer ist möglich über ein sinnvolles alternatives Modell zur Erneuerung der Grundsteuerberechnung als reine Bodenwertsteuer. Diese ließe sich relativ leicht umsetzen auf der Basis der flächendeckend von den kommunalen Gutachterausschüssen regelmäßig ermittelten Bodenrichtwerte.

Unbebaute Grundstücke und auch das bewusste, häufig spekulative Brachliegenlassen oder eine Unternutzung von Bauflächen werden im Vergleich zu bebauten Grundstücken mit der Bodenwertsteuer deutlich stärker belastet. Eine höhere Baudichte reduziert die Umlage der Grundsteuer auf die Nebenkosten der einzelnen Mieter.

Zusätzlich könnte optional der Bodenwert- auch noch eine Bodenflächenkomponente hinzugefügt werden, die Wertunterschiede dämpft - wenn dies politisch in einer Gemeinde gewünscht ist.
Dies führt zu einer teilweisen Umverteilung der Steuerlast zwischen hoch- und niedrigpreisigen Lagen und vereint die Vorteile eines wertabhängigen und eines wertunabhängigen Ansatzes.

„Ein wirtschaftlicher Umgang mit dem knappen Gut Fläche, die innerörtliche Aktivierung von Flächen für Wohnen und Gewerbe und die Ertüchtigung des Gebäudebestands sind dauerhafte Herausforderungen in und für die Städte und Gemeinden überall in Deutschland. Der Grundsteuer könnte hierbei eine Schlüsselrolle zukommen, wenn sie hilft, diese Herausforderungen zu bewältigen. Für die Kommunen bundesweit wäre eine zeitgemäße, weil investitionsfreundliche, sozial ausgewogene und zukunftsgerichtete Grundsteuer von großer Bedeutung.“

Grundsteuer: Zeitgemäß! - Ein bundesweiter Aufruf zur Grundsteuerreform:

Wir, die Unterzeichnenden, appellieren daher an den Bund und die Länder, die „reine Bodenwertsteuer“ und die „kombinierte Bodenwert- und Bodenflächensteuer“ in ihre Überlegungen zur Reform der Grundsteuer einzubeziehen. Beide Varianten haben sich sowohl in Simulationsanalysen1,2 als auch einem kommunalen Praxistest3 als vorzugswürdig herausgestellt. Eine Entscheidung über die Reform der Grundsteuer darf erst getroffen werden, nachdem auch diese beiden Varianten vertieft untersucht und bewertet sowie mit den anderen zur Diskussion stehenden Varianten verglichen wurden. Wir appellieren außerdem an die kommunalen Spitzenverbände, sich gemeinsam mit uns für eine umfassende Prüfung und Bewertung der zwei erwähnten Varianten einzusetzen.

1 Ralph Henger und Thilo Schaefer (2015): Mehr Boden für die Grundsteuer – Eine Simulationsanalyse verschiedener Grundsteuermodelle. IW policy paper, Nr. 32, Institut der deutschen Wirtschaft Köln.
2 Dirk Löhr (2017): Grundsteuerreform: Ende einer Odyssee? Ergebnisse einer zahllastbezogenen Analyse. Wirtschaftsdienst, Heft 11, November 2017, Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft.
3 Michael Lehmbrock und Diana Coulmas (2001): Grundsteuerreform im Praxistest: Verwaltungsvereinfachung, Belastungsänderung, Baulandmobilisierung. Difu-Beiträge zur Stadtforschung, Bd. 33, Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin.

„Boden ist kein vom Einzelnen erzeugtes Gut, hat also nicht den Charakter einer Ware. Er ist ein Erbe der Menschheit, welches zur sorgsamen Verwaltung für zukünftige Generationen übergeben wurde. Jeder braucht Grund und Boden, deshalb muss er grundsätzlich allen Menschen zugänglich sein. Der Einzelne ist Nutznießer desselben. Ein Wertzuwachs, der aus gesamtwirtschaftlicher Entwicklung entsteht, ist nicht der Verdienst des Einzelnen und steht somit der Gemeinschaft zu.“
(Stiftung trias, gemeinnützige Stiftung für Boden, Ökologie und Wohnen)

Nicht nur für ökologische bzw. gemeinwohlorientierte Projekte, sondern auch für Privatpersonen und Mieter ist der Umgang mit der Bodenfrage entscheidend für eine mögliche Realisierung von nicht profitorientierten Projekten und eine langfristige Sicherung derselben.

Zwar primär in den Großstädten durch die Bodenverknappung, aber auch in ländlicheren Bereichen durch die aktuell niedrige Zinslage, ist im Rahmen der zunehmenden Boden-Spekulation der Berechnungsweg und die Umlage der Grundsteuer mit marktregulierend.

Aktivitäten bzw. Investitionen in Objekte, also die Ertüchtigung von Gebäudebestand – insbesondere auch für Bauherrschaften die umweltbewußt ihre Bauvorhaben und gemeinwohlorientierte Projektbetreiber - dürfen nicht zu einer höheren Grundsteuer führen. Dies garantiert z.B. eine Grundsteuer in Form einer Bodensteuer und trägt somit bei zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine Gemeinwohlorientierung der Immobilienentwicklung.

Dies als unser kurzer Appell, warum der bundesweite Aufruf zur Grundsteuerreform vom B.A.U. unterzeichnet wurde und unbedingt von allmöglichen Seiten mit unterstützt werden sollte.

Ausführlichere Fachinformationen, Details, Presseveröffentlichungen etc. zu den verschiedenen Modellansätzen und Intentionen – auch zu dem vorliegenden, mit riesen Aufwand zu ermittelnden, wertabhängigen Reformmodell von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vom November 2018 – finden sich
auf der „Zeitgemäße Reform“-Unterstützer-Seite unter: www.grundsteuerreform.net/